Die Bildung von Metastasen gehört zu den am meisten gefürchteten Komplikationen einer Krebserkrankung. Multiple Metastasen beispielsweise in Leber, Rückenmark oder im Gehirn bedeuten in den meisten Fällen das Endstadium der Erkrankung und enden tödlich. Der Weg einer Tumorzelle beginnend vom Primärtumor durch die Blutbahnen bis hin zu seinem Zielort, wo sie sich ansiedelt und vermehrt, ist ein sehr komplexer Vorgang.
Wie entstehen Metastasen?
Nur 0,01 Prozent der im Blut befindlichen Tumorzellen schaffen es überhaupt, die körpereigenen Schutzschilde zu durchbrechen. Viele Tumorzellen werden beispielsweise durch die Strömung innerhalb der Gefäße beseitigt oder durch Immunzellen des Körpers eliminiert. Studien zeigten, dass Tumorzellen in der Lage sind, sich an Proteine oder Thrombozyten anzuheften und körpereigene Gefäße für sich so umzubauen, dass die Barriere durchlässig wird, damit ihnen ein Durchkommen gelingt. Des weiteren sendet der Primärtumor Cytokine (Botenstoffe) aus, was Umbauprozesse, geringere Immunität sowie die Entstehung von Andockstellen an den Blutgefäßen zur Folge hat. Dies ermöglicht es den zirkulierenden Tumorzellen, in Organe einzudringen.
Einige Tumorzellen beginnen ihre Wanderung als Gruppe, im sogenannten Clusterverband. Hierbei verbinden sich zwischen zwei und 50 Zellen. Die Chance zu überleben, erhöht sich dadurch, dass sie sich als Zell-Zell-Kontakte Zutritt in die Blutbahn verschaffen.
Was macht die Behandlung von Hirnmetastasen so schwierig?
Bei etwa 20 % der Krebspatienten entstehen Metastasen im Gehirn. Insbesondere bei Lungen- und Brustkrebs kommt dies gehäuft vor. Hirnmetastasen sind besonders gefürchtet, da sie sehr schwer zu behandeln sind. Die Gründe hierfür sind unterschiedlich. Eine Strahlentherapie hat etwa die Schädigung gesunder Hirnareale und damit verbundenen Ausfallerscheinungen zur Folge. Ebenso verhält es sich mit der operativen Beseitigung des Tumors. Chemotherapeutika haben den Nachteil, dass sie die Blut-Hirn-Schranke aufgrund ihrer Größe und chemischen Eigenschaften nur teilweise überwinden können und demzufolge keine Wirkung haben.
Welche Behandlungsansätze gibt es?
Ein Team von Wissenschaftlern der Neurologischen Klinik der Universität Heidelberg erforschte die Gründe, weshalb es Tumorzellen gelingt, sich im Gehirn festzusetzen und Metastasen zu bilden. Dazu entwickelten sie die Möglichkeiten der sogenannten In-vivo-Zweiphotonen-Mikroskopie weiter. Damit konnten sie über eine längere Zeitspanne beobachteten, wie aus zirkulierenden Tumorzellen Hirnmetastasen entstehen. Sie fanden heraus, dass je nach Primärtumor diese in unterschiedlichen Formen wachsen.
Diese Ergebnisse stellen die Grundlage für neue Behandlungsmöglichkeiten dar, um so die Entstehung von Hirnmetastasen zu verhindern. Der Einsatz von Angiogenese-Inhibitoren wie Bevacizumab beispielsweise soll den Wachstumsfaktor VEGF binden, damit aus einer Lungenkrebs-Mikrometastase keine Makrometastase entsteht. Ebenso zeigte eine Studie, dass unter Gabe von Anti-Angiogenese weniger Hirnmetastasen bei Lungenkrebspatienten auftreten.
Eine andere Methode ist die Gabe des PI3K/mTOR-Inhibitors, der die Blut-Hirn-Schranke im Gegensatz zu anderen Medikamenten überwinden soll. Durch die Anwendung der In-Vivo-Zweiphotonen-Mikroskopie konnten die Heidelberger Wissenschaftler nachweisen, dass Hirnmetastasen damit angegriffen werden können.
Im Verbundprojekt „Präventive Strategien gegen Hirnmetastasen“ der Deutschen Krebshilfe untersuchen Wissenschaftler aus Düsseldorf, Essen, Frankfurt a.M., Hamburg und das Heidelberger Forscherteam Methoden gegen die Entstehung von Hirnmetastasen. Am Ende der Förderperiode soll der Ansatz mit den besten experimentellen Ergebnissen im Rahmen einer klinischen Studie geprüft werden. Die Wissenschaftler sind sich einig, dass es auch in mittelfristiger Zukunft nicht zu verhindern ist, dass Krebszellen das Gehirn erreichen. Das aktuell definierte Ziel ist es, das Wachstum der Metastasen zu verhindern.