Neues von der ASCO Konferenz 2021

Wie bereits im vergangenen Jahr fand auch die diesjährige ASCO Konferenz aufgrund der Corona Pandemie nicht in Chicago sondern virtuell statt. Onkologen und Wissenschaftler aus aller Welt kamen zum Annual Meeting zusammen, um sich über die neuesten Forschungen, Datenergebnisse und Therapieansätze auszutauschen. In Videointerviews, Expertenrunden und Kongressberichten wurden neue Trends veröffentlicht und gemeinsam diskutiert. Wir haben Ihnen einige Ergebnisse hier kurz zusammengefasst:

COVID-19-Infektionen bei Lymphom-Patienten: Häufiger persistierende Symptome

Aufgrund bisheriger Fallstudien wurde offensichtlich, dass Patienten unter einer Anti-CD-20-Therapie häufiger an persistierenden COVID-19-Symptomen leiden. Inzidenz, Risikofaktoren und Langzeitergebnisse von persistierendem COVID-19 bei Lymphom-Patienten untersuchte man daher an 16 Kliniken in Frankreich. In die Studie wurden alle erwachsenen Patienten mit Lymphomen, die im Zeitraum von März und April 2020 wegen COVID-19-Infektionen stationär behandelt wurden, aufgenommen.

Als persistierendes COVID-19 wurden anhaltende schwere COVID-19-Symptome eingestuft, die einen Krankenhausaufenthalt von mehr als 30 Tagen nach sich zogen. Patienten, bei denen nach anfänglicher Besserung erneut schwere COVID-19-Symptome auftraten, die wiederholt länger als 30 Tage in einer Klinik bleiben mussten, wurden ebenfalls zu den persistierenden COVID-19-Fällen  einbezogen.

Während dieses Zeitraumes verstarben 24 Patienten, 55 wurden aus der Klinik entlassen. 31 Patienten wurden weiterhin im Krankenhaus behandelt ebenso wie ein Patient mit einem COVID-19 Rezidiv. Die Inzidenz von persistierendem COVID-19 betrug 29%. Keiner der Patienten mit T-Zell-Lymphom oder klassischem Morbus Hodgkin litt an persistierendem COVID-19. Insgesamt verstarben 27 % der Patienten mit persistierendem COVID-19.

Lymphom-Patienten mit B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom, die mit einer COVID-19-Infektion in eine Klinik eingeliefert wurden, haben eine hohe Inzidenz für eine lange Symptomlast nach SARS-CoV-2-Infektion. Hauptrisikofaktoren waren hierbei eine Anti-CD20-Therapie innerhalb der letzten 12 Monate, Komorbidität, Patienten über 70 Jahren und refraktäre oder rezidivierte Lymphome. Durch diese Ergebnisse wird erneut der hohe Risikofaktor hämatologische Neoplasien für schwere COVID-19-Krankheitsverläufe bestätigt. Impfungen und Boosterimpfungen sowie konsequente Hygieneschutzmaßnahmen sind für diese Patienten zwingend zu empfehlen.

Krebsstammzellmarker haben bei Darmkrebs haben prognostischen Wert

Krebsstammzellen haben eine wichtige Funktion bei der Zellmigration, Invasion, Metastasierung und Behandlungsresistenz von Darmkrebs. Rezidive und Metastasen führen häufig zum Tod der Patienten. Hierfür spielen die sogenannten Krebsstammzellen eine Rolle. Es handelt sich um eine kleine Unterpopulation von Zellen innerhalb der Tumore. Um diese nachweisen zu können,  werden immunhistochemische Expressionsmuster von verschiedenen Krebsstammzellmarkern wie ALDH1 bei Darmkrebs genauer beobachtet und hinsichtlich auf klinisch-pathologische Eigenschaften und dem Überleben der Darmkrebspatienten bewertet. In den aktuellen Studien zeigte sich, dass eine erhöhte Expression von CD133 und ALDH1 mit der Tumorprogression und schlechteren Ergebnissen bei Darmkrebspatienten in Verbindung gebracht wird. Ein signifikanter Zusammenhang zwischen der ALDH1-Expression und den klinischen und morphologischen Merkmalen von Darmkrebs ist deutlich. Das bedeutet, dass ALDH1 ein unabhängiger prognostischer Faktor und ein neues therapeutisches Ziel für die Regulierung der Krankheitsprogression werden könnte.

Keine zusätzliche Chemotherapie bei lokal fortgeschrittenem Zervixkarzinom

Viele Jahre war nicht einwandfrei geklärt, ob bei Patientinnen mit lokal fortgeschrittenem Zervixkarzinom eine Chemotherapie mit Carboplatin/Paclitaxel nach einer Standardradiochemotherapie einen zusätzlichen Nutzen bringt. Diese Frage konnte nun abschließend beantwortet werden. Mithilfe von Daten aus der internationalen Phase-3-Studie OUTBACK zeigte sich, dass es weder einen Überlebensvorteil, noch ein längeres progressionsfreies Überleben bringt. Zudem entwickelten Patientinnen mehr Nebenwirkungen wie beispielsweise Anämie, Neutropenie, Thrombozytopenie aber auch periphere Neuropathie. Beim lokal fortgeschrittenen Zervixkarzinom entstehen oft lokale Rezidive oder Fernmetastasen trotz multimodaler Behandlungskonzepte mit Operation und Radiochemotherapie. Frühere Studien zeigten teilweise methodische Schwächen oder die Unterschiede in den Endpunkten waren gering, so dass die Frage nicht vollständig geklärt werden konnte. Die OUTBACK Studie sorgte nun für Klarheit und zeigt, dass die Radiochemotherapie beim lokal fortgeschrittenen Zervixkarzinom die derzeit effektivste Therapie darstellt.

Frühes Mammakarzinom: Olaparib senkt das Rückfallrisiko

Brustkrebspatientinnen mit frühem, Her2-negativen Mammakarzinom, bei denen eine BRCA1/2 Keimbahnmutation erkannt wurde und die ein hohes Rückfallrisiko haben, ist eine einjährige Behandlung mit dem PARP-INHIBITOR Olaparib sinnvoll. Die Olaparaib-Behandlung wurde im Anschluss an eine Operation und eine Chemotherapie, zum Teil auch nach Chemoradiotherapie, durchgeführt. In der Phase-3-Studie OlympiA war der Anteil der Patientinnen, die 2,5 Jahre nach Beendigung einer zusätzlichen Olaparib-Behandlung ohne lokoregionäre Rezidive und Metastasen überlebt hatten, um 42-43 % höher als in der Placebogruppe. Allerdings ist die  Nachbeobachtungszeit noch nicht ausreichend lang genug, um signifikante Unterschiede für das Gesamtüberleben eindeutig belegen zu können. Dennoch ist erkennbar, dass im Studienzeitraum von 42 Monaten, wenn der PARP-Inhibitor im Anschluss an eine Standardtherapie gegeben wurde, die Überlebensraten erhöht sind. Frauen mit frühem Mammakarzinom und hohem Rezidivrisiko auf BRCA-Mutationen könnten anhand eines Gentests erfasst werden. Liegt eine Mutation vor, wären PARP-Inhibitoren eine Möglichkeit für die adjuvante Behandlung. Das Überleben ohne Fernmetastasen lag nach 36 Monaten bei 87,5 % in der Verumgruppe und bei 80,4 % unter Placebo. Die zusätzliche Olaparib-Behandlung dieser Patientinnengruppe nach der üblichen Therapie wird neuer Standard werden. Geklärt werden muss noch, ob die Dauer der Olaparib-Therapie mit einem Jahr ausreichend ist.

Inoperables Ösophaguskarzinom: Initiale Checkpointinhibition effektiver als Chemotherapie

Für die Erstlinienbehandlung von Patienten mit inoperablem fortgeschrittenem oder metatastasierten Ösophaguskarzinom ist die Immuntherapie mit einem Checkpointinhibitor in Kombination mit einer Chemotherapie oder mit einer Kombination zweier Checkpointinhibitoren (PD1 und CTLA4) effektiver als der bisherige Standard einer ausschließlichen Kombinations-Chemotherapie. Die Checkpointinhibition mit Nivolumab, eventuell auch kombiniert mit Ipilimumab, sollte als Erstlinientherapie für Patienten mit inoperablen, rezidivierten oder metastasierten  Ösophaguskarzinomen in Betracht gezogen werden. Nivolumab ist ein monoklonaler IgG4-Antikörper gegen das Checkpointprotein PD1. Er ist in der EU beim Ösophaguskarzinom für zytostatikavorbehandelte Patienten mit inoperablen, fortgeschrittenen oder metatastasiertem Tumoren zugelassen. Die Teilnehmer dieser Studie mussten in diesen Krankheitsstadien ohne jegliche Vorbehandlung sein. Fazit: Der Wirkstoff Nivolumab ist der erste PD1-Inhibitor, für den nachgewiesen werden konnte, dass er Patienten mit inoperablen, fortgeschrittenen oder metastasierten Ösophaguskarzinomen in der Erstlinie einen klinisch bedeutenden Überlebensvorteil bringt. Beim progressionsfreien Überleben gilt dies für die Kombination Nivo plus Chemo bei Patienten mit PD-L1-Expression im Tumor. Nivolumab zusammen mit Chemotherapie oder kombiniert mit Ipilimumab könnte zu einem neuen Behandlungsstandard werden.

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