Lässt sich Krebs durch einen Bluttest nachweisen?
Bisher gibt es gesetzliche Krebsfrüherkennungsuntersuchungen für die fünf häufigsten Krebsarten. Dazu gehören Prostata-, Gebärmutterhals-, Brust-, Haut- und Darmkrebs. Dies entspricht 45% aller Neuerkrankungen. Alle anderen Krebsarten sind in einem Vorsorgescreening bisher nicht frühzeitig nachweisbar. Entartete bösartige Zellen mithilfe eines Bluttests aufzuspüren ist die große Hoffnung in der Früherkennung von Tumoren.
Der Ansatz hinter dieser Forschung besteht darin, dass sich mit der Mutation einer Körperzelle zur Krebszelle das genetische Material verändert. Bei größeren Tumoren unterliegen Krebszellen einem Zerfall. Da diese Zellen über das Blut transportiert werden, soll ein Test diese sichtbar machen. 16 verschiedene Mutationen und acht Eiweiße lassen sich aufspüren. Die Anforderungen an die Tests sind hinsichtlich ihrer Sensitivität gerade im Frühstadium sehr hoch. Da der Tumor groß genug sein muss, um Zellen, DNA oder Stoffwechselprodukte ins Blut abzugeben, liegt meist schon ein fortgeschrittenes Stadium der Erkrankung vor. Wünschenswert wäre jedoch eine Identifizierung von Tumorzellen im Frühstadium. Außerdem unterscheiden sich innerhalb eines Patienten und auch zwischen Patienten Krebszellen durch genetische Veränderungen – und damit auch die Marker, was ein pauschales Testverfahren erschwert.
Derzeit werden verschiedene Methoden zur Krebsfrüherkennung in Blutproben entwickelt und in Studien beurteilt. Bei dem sogenannten „Liquid Biopsy“ Verfahren gehören unter anderem der Nachweis von zirkulierenden Tumorzellen, mRNA, microRNA, verschiedenen Metaboliten und extrazellulären Vesikeln. Am weitesten fortgeschritten sei der Nachweis von Methylierungsmustern zirkulierender, zellfreier Tumor-DNA im Plasma.
Nach aktuellem Stand können in etwa 70 % der Fälle Krebszellen erkannt werden. Ein Drittel blieb jedoch unerkannt. Bei Brustkrebs konnte nur einer von drei Fällen festgestellt werden. Bei Eierstock- und Leberkrebs dagegen lag die Trefferquote bei 98 %. Der Test wurde auch an gesunden Probanden durchgeführt um festzustellen, wie hoch die Quote von fehlerhaften Diagnosen ist. Hier konnten weniger als ein Prozent erreicht werden.
An dieser Stelle sind weitere Forschungen von Nöten. Ziel ist es, sowohl falsch-positive, aber auch falsch-negative Ergebnisse deutlich zu reduzieren.
Bis auf weiteres bietet die Liquid biopsy andere Vorteile: Die Methode kann dabei unterstützen, zu zeigen, ob und wie der Krebs durch ein bestimmtes Medikament angreifbar ist. Blut kann in kurzen Abständen entnommen und auf die Wirksamkeit des entsprechenden Medikamentes in Bezug auf das Krebsgeschehen untersucht werden. Das ist wichtig, denn Krebszellen entwickeln gegen viele Wirkstoffe Resistenzen, was durch ein engmaschiges Blutscreening früh erkannt werden kann, so dass die Therapie zielgerichtet geändert wird.
Nach aktuellem Kenntnisstand sind weiterhin umfangreiche Studien wichtig, um die Zuverlässigkeit der Tests zu erhöhen. Dazu gehören neben einer Reduktion der Krebsmortalität (und Morbidität) in der Screening-Gruppe im Vergleich zu konventionellen Untersuchungen die Minimierung der Häufigkeit falsch-positiver und falsch-negativer Ergebnisse sowie die Zahl der Überdiagnosen. Ein lang angelegter Studienzeitraum sowie hunderttausende Probanden sind dazu notwendig.
Fazit: Bluttests zur Krebsfrüherkennung sind derzeit keine Alternative zur gesetzlichen Krebsfrüherkennung und sollten nicht empfohlen werden.
Quellennachweis:
Deutsche Krebsgesellschaft.de
www.medscape.de