Rechtliche und finanzielle Fragen bei Krebs
Eine Krebserkrankung zieht häufig rechtliche und finanzielle Fragen nach sich, die die wirtschaftliche Existenz der Betroffenen sehr belasten können. Wie lange bekomme ich Krankengeld, muss ich für alle Therapien zuzahlen oder gibt es Zuschüsse für die Fahrten zur Therapie?
Nachfolgend erhalten Sie einen ersten Überblick über finanzielle und rechtliche Möglichkeiten. Es handelt sich hierbei um Auszüge der Broschüre des Krebsinformationsdienstes. Ausführlichere Informationen erhalten Sie unter www.krebsinformationsdienst.de oder telefonisch unter 0800 / 4203040 (kostenfrei) täglich von 8 bis 20 Uhr.
Fahrtkosten
Kosten, die durch eine Krankenfahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, dem privaten Auto, einem Mietwagen oder Taxi zu ihrer Therapie entstehen, übernimmt die Krankenkasse nicht immer. Dies hängt unter anderem davon ab, ob Patientinnen und Patienten zu einer stationären oder ambulanten Therapie fahren und welches Verkehrsmittel sie dabei nutzen.
Gesetzlich Versicherte müssen einen Anteil der Fahrtkosten zuzahlen: Übernimmt die Krankenkasse die Fahrtkosten zur Krebstherapie, beträgt die Zuzahlung pro Fahrt 10 % des Fahrpreises – mindestens 5 Euro und höchstens 10 Euro. Insgesamt müssen Versicherte aber nicht mehr zahlen als die Fahrt tatsächlich kostet.
Es ist möglich sich von der Zuzahlung befreien zu lassen. Fragen Sie dazu bei Ihrer Krankenkasse nach.
Fahrtkostenübernahme bei stationärer Krebstherapie
Die Fahrtkosten zu einer stationären Krebsbehandlung werden von der Krankenkasse getragen. Dazu zählen auch die Kosten für die Anfahrt zu Behandlungen, die vor oder nach der eigentlichen stationären Therapie stattfinden.
Fahrtkostenübernahme bei ambulanter Krebstherapie
Für eine ambulante Chemotherapie müssen Krebserkrankte mehrmals und über längere Zeit zur Klinik fahren. Die Fahrtkosten trägt die Krankenkasse.
Die Krankenkasse trägt die Kosten von Fahrten zu ambulanten Therapien wie ambulante Strahlentherapien und Chemotherapien, ambulante Therapien mit Arzneimitteln, die Betroffene regelmäßig per Infusion erhalten wie zum Beispiel eine Immuntherapie oder eine zielgerichtete Therapie, die aus medizinischen Gründen zwingend notwendig sind.
Auch bei den Fahrtkosten zu einer ambulanten Therapie müssen Versicherte eine Zuzahlung leisten, wenn sie keine Befreiung haben.
Weitere Ausnahmen
Die Fahrten zu ambulanten Behandlungen übernehmen Krankenkassen ebenfalls, wenn Versicherte einen Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen "aG", "Bl" oder "H" haben oder wenn Versicherte vergleichbar in ihrer Mobilität beeinträchtigt sind. Des weiteren wenn ein Pflegegrad 3 vorliegt und die Versicherten dauerhaft in ihrer Mobilität beeinträchtigt sind und deswegen eine Beförderung brauchen sowie wenn ein Pflegegrad 4 oder 5 vorliegt.
Krankenfahrt mit Taxi oder Mietwagen
Die Krankenkasse übernimmt die Fahrtkosten mit einem Taxi oder Mietwagen nur, wenn die Patientin oder der Patient aus zwingend medizinischen Gründen nicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem eigenen Auto fahren kann und die Ärzte diese Krankenfahrt verordnen.
Ausschlaggebend dafür ist der Gesundheitszustand von Krebserkrankten und wie gehfähig sie sind. Als medizinischer Grund zählt beispielsweise auch der Schutz der Krebserkrankten unter laufender Chemotherapie zur Vermeidung von Infektionen. Ob es solche medizinischen Gründe gibt, entscheidet der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin.
Krankenfahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln
Diese muss sich eine Patientin oder ein Patient nicht ärztlich verordnen lassen. Fahrscheine, Quittungen sowie Anwesenheitsbescheinigungen der Klinik müssen gesammelt und bei der Krankenkasse eingereicht werden.
Für Fahrten mit dem eigenen Auto
Hier benötigen Krebserkrankte ebenfalls keine ärztliche Verordnung, aber eine Anwesenheitsbescheinigung der Klinik. Je gefahrenen Kilometer erhalten sie laut dem Bundesreisekostengesetz von der Krankenkasse 20 Cent. Jedoch zahlen Krankenkassen nicht mehr als eine Fahrt mit einem öffentlichen Verkehrsmittel kosten würde – außer eine Ärztin oder ein Arzt bestätigt, dass die Fahrt mit dem eigenen Auto medizinisch zwingend notwendig ist.
Bekommen auch Begleitpersonen die Fahrtkosten bezahlt?
Krankenkassen übernehmen in der Regel nicht die Kosten für Personen, die eine Krebspatientin oder einen Krebspatienten zur ambulanten Therapie begleiten bzw. zur Therapie fahren und wieder abholen. Möglicherweise können die entstandenen Kosten aber bei der Steuerklärung berücksichtigt werden.
Zuzahlungsbefreiung
Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) müssen sich ab einem Alter von 18 Jahren an den Kosten bestimmter GKV-Leistungen beteiligen und eine Zuzahlung leisten. Dazu gehören Kosten für Arzneimittel und Verbandmittel, Fahrkosten oder auch Krankenhausbehandlung und Reha-Maßnahmen. Zuzahlungen betragen 10 % der Kosten, mindestens jedoch 5 Euro und höchstens 10 Euro. Es sind jedoch nie mehr als die Kosten der jeweiligen Leistung oder Arzneimittels zu entrichten. Bei stationären Maßnahmen sowie bei Rehabilitation und Anschlussheilbehandlungen (AHB) beträgt die Zuzahlung 10 EUR je Kalendertag. Bei Heilmitteln und häuslicher Krankenpflege beträgt die Zuzahlung 10 % der Kosten und hinzu kommen 10 Euro je Verordnung.
Zuzahlungen müssen gesetzlich Versicherte pro Kalenderjahr nur bezahlen, bis sie ihre individuelle Belastungsgrenze erreicht haben. Übersteigen die Zuzahlungen diese Belastungsgrenze, können sich Betroffene von der Zuzahlung befreien lassen. Alle Originalbelege zu den Zuzahlungen müssen Sie daher sorgfältig aufheben und bei der Krankenkasse einreichen. Für die Feststellung der Belastungsgrenze müssen Sie nicht nur Ihre eigenen Einnahmen, sondern auch die Ihrer im Haushalt lebenden Angehörigen angeben. Die Belastungsgrenze beträgt 2 % der Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Für schwerwiegend chronisch Kranke beträgt sie nur 1 % der Bruttoeinnahmen. Viele Krebspatienten gelten als chronisch krank.
Personen gelten als schwerwiegend chronisch krank, wenn Sie sich in einer ärztlichen Dauerbehandlung befinden. Also, wenn Ihre Krankheit mindestens 1 Jahr lang mindestens einmal im Quartal ärztlich behandelt wurde. Außerdem muss eines der folgenden Kriterien 1 Jahr lang zutreffen:
- Es liegt eine Pflegebedürftigkeit des Pflegegrades 3, 4 oder 5 vor.
- Oder es liegt aufgrund der Erkrankung ein Grad der Behinderung (GdB) oder Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von mindestens 60 vor oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 60 %.
- Oder es ist eine ständige medizinische Versorgung erforderlich, ohne die sich die Erkrankung lebensbedrohlich verschlimmern, sich die Lebenserwartung vermindern oder die Lebensqualität dauerhaft beeinträchtigt werden könnte.
So erhalten Sie eine Zuzahlungsbefreiung
Sobald Versicherte die Belastungsgrenze innerhalb eines Kalenderjahres erreichen, können sie bei ihrer Krankenkasse die Befreiung von der Zuzahlung beantragen. Erst dann erhalten sie von ihrer Krankenkasse eine Bescheinigung, dass sie für den Rest des Kalenderjahres von den Zuzahlungen befreit sind. Bereits geleistete Zuzahlungen zahlt die Krankenkasse nicht zurück.
Ihre Krankenkasse benachrichtigt Sie nicht, wenn Sie Ihre individuelle Belastungsgrenze erreicht haben. Sie müssen den Antrag unaufgefordert selbst stellen. Die weitere Dauerbehandlung müssen Betroffene der Krankenkasse jeweils spätestens nach Ablauf eines Kalenderjahres nachweisen.
Rehabilitationsmaßnahmen
Zu den Rehabilitationsmaßnahmen gehören nicht nur medizinische Leistungen wie die onkologische Rehabilitation oder die Anschlussrehabilitation ("AHB"). Krebsbetroffene erhalten mit verschiedenen Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation auch Unterstützung, um wieder ins Arbeitsleben einzusteigen. Von besonderer Bedeutung ist hier die stufenweise Wiedereingliederung, auch als "Hamburger Modell" bekannt.
Die onkologische Reha kann beginnen, wenn die Krebstherapie größtenteils abgeschlossen ist. Ambulante oder stationäre Rehabilitation sind möglich.
Meist ist der Rentenversicherungsträger dafür zuständig, eine onkologische Rehabilitation zu bewilligen, manchmal die Krankenkasse oder andere Träger. Es ist sinnvoll, den Antrag vorab mit der behandelnden Ärztin oder dem Arzt zu besprechen. Auch Krebsberatungsstellen oder Kliniksozialdienste können beim Reha-Antrag unterstützen.
Damit der Reha-Träger den Antrag bewilligt, müssen Krebsbetroffene:
- rehabilitationsbedürftig sein – also zum Beispiel im beruflichen und sozialen Umfeld wegen ihrer Erkrankung weniger belastbar sein.
- rehabilitationsfähig sein – also für die Maßnahmen der Reha ausreichend körperlich und psychisch belastbar sowie motiviert sein.
- eine positive Rehabilitationsprognose haben – es muss also zu erwarten sein, dass die Patientin oder der Patient die angestrebten Reha-Ziele erreichen kann.
In besonderen Situationen kann der Reha-Träger innerhalb von 2 Jahren eine weitere Reha gewähren. Etwa, wenn erhebliche Funktionsstörungen, Komplikationen oder Therapiefolgen im Zusammenhang mit der Krebserkrankung vorliegen und mit einer Reha positiv beeinflusst werden können. Wenn der Krebs fortschreitet, ein Zweitkrebs oder Metastasen gefunden werden oder es zu einem Rückfall kommt, sind die Abläufe und Zeiträume für die Reha-Anträge wieder wie nach der Erstbehandlung.
Die Deutsche Rentenversicherung stellt eine Reha-Kliniksuche zur Verfügung. Hier können Sie passende Reha-Einrichtungen mit der Eingabe des Stichworts "Onkologische Krankheiten", des Ortes oder der Postleitzahl schnell finden.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) stellt eine Adress-Datenbank von Reha-Kliniken zur Verfügung. Hier können Sie sich mit der Indikation "Bösartige Neubildungen und maligne Systemerkrankungen" alle Rehakliniken für Ihr Bundesland anzeigen lassen, um die nächstgelegene Klinik zu Ihrem Wohnort zu finden.
Auch Ihre Ärztin oder Ihr Arzt sowie Kliniksozialdienste und Krebsberatungsstellen können Sie dabei unterstützen, eine passende Klinik zu finden. Ein bundesweites Verzeichnis von Adressen der Krebsberatungsstellen in Deutschland finden Sie unter Psychosoziale Krebsberatungsstellen: Unterstützung, Beratung, Information.
Antrag auf Schwerbehinderung – besonderer Kündigungsschutz
Patienten können beim Versorgungsamt einen Schwerbehindertenausweis beantragen. Behindert sind nach dem Gesetz Menschen, „wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist“ (§ 2 SGB IX). Die Regelung ist vom Beruf unabhängig. Für diesen Antrag genügt in den meisten Fällen die Diagnose einer Tumorerkrankung. Der Grad der Behinderung (GdB) beläuft sich beim Erstantrag in der Regel auf 50 und gilt 5 Jahre. Bei besonders schwerwiegenden Krankheitsverläufen, wie beispielsweise bei Metastasierung, ist der GdB bei mindestens 80. Mit dem Status ab 50 unterliegen Patienten aufgrund des Nachteilsausgleiches bei Schwerbehinderung einem besonderen Kündigungsschutz. Sollte der Arbeitgeber dennoch in Erwägung ziehen, den Krebspatienten zu kündigen, muss er einen Antrag beim Integrationsamt stellen. Dieses prüft den Grund der Kündigung und Möglichkeiten, schwerbehinderte Arbeitnehmer entsprechend ihrer Qualifikationen und Fähigkeiten im Unternehmen zu integrieren. Sollte die Krankheit / Behinderung der Grund der ausgesprochenen Kündigung sein, ist diese nicht wirksam. Dieser besondere Kündigungsschutz gilt im Übrigen auch, wenn der Arbeitgeber nichts von der Schwerbehinderung seines Mitarbeiters gewusst hat.
Wer den Grad der Behinderung von mindestens 30 hat und dennoch den besonderen Kündigungsschutz nicht verlieren möchte, kann bei der Agentur für Arbeit einen Antrag auf die sogenannte „Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen“ stellen. Somit sind Krebspatienten trotz des niedrigeren Behindertenstatus nur kündbar, wenn der Arbeitgeber diese Maßnahme beim Integrationsamt hinreichend begründet. Aufgrund der Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen erhalten Krebspatienten steuerliche Vergünstigungen. Weitere Nachteilsausgleiche wie vorzeitige Altersrente oder zusätzliche Urlaubstage kommen jedoch nicht in Betracht.
Quelle: dkfz- krebsinfomationsdienst