Mit Medikamenten Krebs vorbeugen – wie sinnvoll ist Chemoprävention?

Was ist eine präventive Chemotherapie?

Chemoprävention heißt die Behandlungsmethode, bei der durch die Aufnahme bestimmter Nahrungsmittel und Medikamente eine einsetzende Karzinogenese im Körper verhindert werden soll. Ziel ist es, das Risiko, an Krebs zu erkranken, zu senken, die Entstehung von Metastasen zu verhindern oder einem Wiederauftreten vorzubeugen. Diese Stoffe unterdrücken jene genetischen und epigenetischen Vorgänge in der Zelle, die zur Krebsbildung führen. Entgegen der Annahme, dass nur viel Obst und Gemüse der Krebsentstehung entgegenwirkt, haben Studien gezeigt, dass auch künstlich hergestellte Wirkstoffe über starke, präventive Effekte verfügen.

Darmkrebs: Acetylsalicylsäure (ASS), Celecoxib und Sulindac

Bei ASS wird angenommen, dass es einen Schutzeffekt vor Darmpolypen, Darmkrebs und auch anderen Tumoren bietet. In früheren epidemiologischen Studien konnte nachgewiesen werden, dass die regelmäßige Einnahme von ASS das Risiko für Darmkrebs nachhaltig reduziert. Zudem konnte bei einem erfolgreich behandelten Darmkrebs das spätere Entstehen von Polypen, die als Krebsvorläufer gelten, um 35 % reduziert werden. Dennoch stehen einer Empfehlung von ASS als Chemoprävention die zum Teil schwerwiegenden Nebenwirkungen entgegen. Diese sind lebensbedrohliche Blutungen im Allgemeinen und Magen-Darmblutungen im Besonderen sowie das Auftreten von Geschwüren in Magen und Zwölffingerdarm und unspezifische Bauchbeschwerden. Außerdem ist noch nicht endgültig geklärt, welche Dosis und Einnahmedauer für eine krebsverhindernde Wirkung notwendig sind. Studien zeigen, dass trotz der bekannten Nebenwirkungen der Acetylsalicylsäure am Magen-Darm-Trakt die Gesamtsterblichkeit durch die Medikation um 10 % reduziert wird. Desweiteren konnte nachgewiesen werden, dass das Risiko für Metastasen sowohl zum Diagnosezeitpunkt als auch später gemindert werden konnte. Der schützende Effekt von ASS nimmt mit der Dauer der Medikation zu.

Aufgrund der Nebenwirkung wäre eine Empfehlung von ASS nur bei einem hohen Risiko denkbar. Hierzu zählen beispielsweise Patienten mit erblichem Darmkrebs, Personen mit einem nicht-erblichen Darmkrebs in der Familie oder Patienten mit kurativ operierten Karzinomen des Verdauungstraktes. Möglich wäre auch der Zusatz von ASS zu einer adjuvanten Chemotherapie nach erfolgreicher Operation mit dem Ziel, ein Tumorrezidiv oder eine Metastasierung zu verhindern. Doch auch an anderer Stelle können Betroffene laut Studien von einer ASS Gabe profitieren. Patienten mit einem Karzinom leiden öfters als die Normalbevölkerung an einer koronaren Herzerkrankung. Das Risiko dafür ist vor allem in den ersten sechs Monaten nach dem Auftreten der Tumorerkrankung erhöht. ASS bietet diesen Patienten einen doppelten Schutz. Es kann Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindern und hat einen positiven Einfluss auf die Tumorerkrankung.

Stand der Forschung zu Celecoxib – Bei Menschen mit einer familiären adenomatösen Polyposis (FAP) können gutartige Darmkrebsvorstufen, sogenannte Polypen, entstehen. In vielen Fällen mutieren bei betroffenen Personen diese Gebilde zu bösartigen Tumoren. Celecoxib verringert laut Studien die Anzahl an Darmpolypen bei Menschen mit FAP. Es gibt jedoch bisher keine aussagekräftigen Belege, ob durch Celecoxib das Darmkrebsrisiko sinkt. Fakt ist jedoch, dass die Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen begünstigt wird.

Stand der Forschung zu Sulindac – In Studien konnte Sulindac die Anzahl und Größe von Polypen bei Menschen mit FAP deutlich reduzieren, nicht jedoch die Neubildung solcher Krebsvorstufen verhindern. Auch hier gibt es keine Belege, ob das Medikament das Darmkrebsrisiko senkt.

Von den Fachgesellschaften wird empfohlen, dass bestimmte Personen in Absprache mit ihrer Ärztin / ihrem Arzt nach genauer Abwägung von Risiken und Nutzen Medikamente einnehmen können, um Darmkrebs vorzubeugen.

Brustkrebs: Tamoxifen, Anastrozol und Co.

Studien zeigen, dass bestimmte Medikamente das Brustkrebsrisiko senken können – insbesondere bei Frauen mit einem erhöhten Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. Dazu gehören Tamoxifen, Raloxifen und sogenannte Aromatasehemmer wie Anastrozol und Exemestan. In Deutschland sind diese Arzneimittel zur Prävention von Brustkrebs aber bisher nicht zugelassen, da bisher nicht ausreichend Studien zu Nutzen und Risiken vorliegen. So stehen Tamoxifen und Raloxifen im Verdacht Blutgerinnsel und Gebärmutterkörperkrebs auszulösen. Die Gabe von Anastrozol kann Gelenk- und Muskelschmerzen verursachen. Außerdem erhöhen sie das Risiko für Osteoporose. Bekannt ist, dass die Medikamente das Risiko für Brustkrebs senken können, aber ob die Lebenserwartung steigt, ist unklar. Zudem wirkt es nur bei einer Form von Brustkrebs, dem sogenannten hormonsensiblen, Östrogenrezeptor-positiven Brustkrebs. Von der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) wird empfohlen, dass für Betroffene, die ein überdurchschnittlich hohes Risiko für Brustkrebs haben, die Gabe von Medikamenten sinnvoll sein kann, jedoch immer unter Abwägung von persönlichen Faktoren wie dem Alter..

Prostatakrebs: Statine, Finasterid und Dutasterid

In Deutschland sind Statine (Cholesterin-Senker), Finasterid und Dutasterid nicht zur Vorbeugung von Prostatakrebs zugelassen. Grund dafür sind die mitunter sehr heftigen Nebenwirkungen. Zudem zielen die Medikamente vorzugsweise auf Prostatakrebs im Frühstadium. Dies lässt sich jedoch gut behandeln, so dass die Risiken einer Chemoprävention nicht im Verhältnis zum Nutzen stehen.

Stand der Forschung zu Finasterid und Dutasterid – Diese beiden Wirkstoffe senken zwar nachweislich das Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken. Sie haben aber auch unangenehme Nebenwirkungen wie Erektionsstörungen, Verlust der Libido oder die Vergrößerung der Brüste.

Stand der Forschung zu Statinen – Es gibt erste Hinweise, dass Statine das Risiko für Prostatakrebs senken könnten. Statine können sehr selten auch schwere Nebenwirkungen verursachen. Weitere Forschungen sind hier notwendig.

Wichtig zu wissen

Die Forschung zu diesen Medikamenten ist noch nicht abgeschlossen, Es fehlen Langzeitdaten. Bei der Chemoprävention nehmen gesunde Personen Medikamente ein, die auch Nebenwirkungen haben können. Daher müssen im Gespräch mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten immer gemeinsam Nutzen und die möglichen Risiken sorgfältig gegeneinander abwogen werden. Die Dauer dieser Therapie ist von der Krebsform abhängig. Es kann zwischen drei und zwölf Monaten dauern.

Quellennachweis

Deutsche Apothekerzeitung, 2013, Nr. 12

www.krebsinformationsdienst.de/

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