Die Tagung der Amerikanischen Gesellschaft für Klinische Onkologie fand vom 2. – 6. Juni 2017 in Chicago statt. Über 30.000 Ärzte aus vielen Ländern waren wieder vor Ort, um die neuesten Entwicklungen der Krebsforschung zu diskutieren. Wir waren auch dieses Jahr wieder dabei und haben folgend einmal die wesentlichen Neuerungen kurz dargestellt.
Weiterhin spannend: Immuntherapien für verschiedene Tumore
Auch in diesem Jahr lag ein wesentlicher Schwerpunkt auf der Immunonkologie. Dabei waren insbesondere die Ergebnisse früher Phase I - Studien von Interesse, die mit verschiedenen neuen molekularen Zielstrukturen versuchen, immunologisch kalte Tumore aufzuheizen, um für die in früheren Blogbeiträgen besprochenen Checkpointinhibitoren bessere Ansprechraten zu erhalten. Dabei gab es viel versprechende Ansätze wie zum Beispiel die Kombination mit IDO-Inhibitoren oder auch der CAR-T-Zell-Therapie, die daraus folgend nun in Phase II oder III Studien an einem größeren Patientenkollektiv untersucht werden.
Therapie nach molekularen Eigenschaften, nicht nach dem Ursprungsorgan
Erst kurz vor Beginn des ASCO-Jahrestreffens 2017 wurde erstmalig eine Therapie unabhängig vom befallenen Organ des Tumors zugelassen und könnte so bei ganz vielen Tumorarten erfolgreich sein. Diese Tumore hatten eine bestimmte Genmutation gemeinsam und zeigten Mikrosatelliteninstabilität. Diese Veränderungen sind ein Zeichen dafür, dass in den Zellen die DNA-Reparatursysteme nicht mehr einwandfrei funktionieren. Diese Daten wurden auf dem ASCO intensiv diskutiert. Aufgrund von Ansprechraten von 40% bei stark vorbehandelten Patienten sowie lang anhaltenden Ansprechen von über 6 Monaten bei 78% der Patienten ist dies eine revolutionärer Meilenstein in der Krebstherapie.
Weitere Mutationen scheinen ähnliches Potential zu haben. So wurden zum Beispiel Tumore mit einer Mutation der Tropomyosin Rezeptor Tyrosin Kinase durch Larotrectinib zu über 70% erfolgreich behandelt. Diese Mutation wird jährlich bei etwa 5.000 Patienten mit unterschiedlichen Tumorarten in den USA nachgewiesen. Für diese sensationellen Daten werden Phase II und III Studien gestartet.
Zusammenfassend schlussfolgerten die Fachgremien, dass eine Testung auf Mikrosatelliteninstabilität und der Tropomyosin Rezeptor Mutation unabhängig von der Tumorart bereits jetzt veranlasst werden sollte.
Je besser der gesamte Zustand des Patienten, desto besser ist sein Überleben
Ein weiterer und überraschend großer Schwerpunkt lag auf der ganzheitlichen Medizin. So wurde sogar in der Hauptsitzung des Kongresses - der Plenary Session - das Thema „Patient reported Outcome“ (PRO) als wesentliche wissenschaftliche Arbeit vorgestellt. Hierfür meldeten Patienten während der Chemotherapie ihren Gesundheitszustand sofort und systematisch auf elektronischem Weg. Sie mussten also nicht bis zum nächsten Arzttermin warten, bis eine Behandlung der Beschwerden erfolgte. Die Lebensqualität der Patienten stieg an und es konnte eine 30% Progressions-Risikoreduktion erreicht werden. Zum Vergleich: eine Risikoreduktion von 20% wird in der Onkologie als wesentlicher Zusatznutzen angesehen.
Krebs und Sport
Auch wurde eine Metaanalyse über Sport zur Prophylaxe von Rezidiven vorgestellt. Metaanalysen sind Zusammenfassungen bisheriger Veröffentlichungen zu einem Thema. Diese Metaanalyse zeigte, dass Sport – lieber häufig als heftig – die Überlebenschancen verbessert. So kann das Risiko an Brustkrebs zu versterben um 33% und das gesamte Risiko zu versterben um 49% drastisch reduziert werden.
Die Empfehlungen der Autoren lauten daher: bleiben Sie nach der Diagnose in Bewegung, auch während der Therapie. Treiben Sie mindestens 150 Minuten Sport in der Woche, davon mindestens zwei Mal wöchentlich Krafttraining.
Vitamin D hochdosiert gegen Darmkrebs
Desweiteren wurde erstmalig der therapeutische Nutzen von Vitamin D in der Krebstherapie prospektiv und randomisiert untersucht. Bisher war in retrospektiven Studien ein prognostischer Nutzen gezeigt worden. In der SUNSHINE Studie erhielten Patienten mit metastasiertem Darmkrebs entweder hochdosiertes oder niedrig dosiertes Vitamin D. In dem Beobachtungszeitraum von 16 Monaten war das Risiko für ein Fortschreiten der Erkrankung um 34% niedriger in der Gruppe mit hochdosierten Vitamin D.
Studien zu Therapien: verbessern und verkürzen
Spannende Veränderungen haben sich auch für die Therapie bei Lungenkrebs ergeben. In der ALEX-Studie zeigte sich der Inhibitor der 3.Generation Alectinib gegenüber dem 1.Generationsinhibitor Crizotinib überlegen: Patienten hatten ein progressionsfreies Überleben von im Mittel 25,7 Monaten unter Alectinib und von 10,4 Monaten in der Therapie mit Crizotinib. Entscheidend dabei ist vorallem, dass die Therapie besser verträglich war und es viel seltener zur Ausbildung von Hirn-Metastasen kam. Die Verfasser der Studie sind überzeugt, dass Alectinib zur Standardtherapie von Anfang an wird.
Beim Darmkrebs wurde v.a. die Dauer der Gesundheit erhaltende Chemotherapie im Rahmen der IDEA-Studie diskutiert. Bisher war der Standard eine Chemotherapie von 6 Monaten nach erfolgreicher operativer Entfernung des Tumors. Liegt ein niedriges Rezidivrisiko vor, kann sie nunmehr auf 3 Monate verkürzt werden, was insbesondere die schweren Nervenschädigungen verhindert.
Beim Brustkrebs konnte in ähnlicher Art gezeigt werden, dass eine 9-wöchige Antikörpertherapie gegen den HER2-Rezeptor bei den Patientinnen mit einem niedrigen Rezidivrisiko der 1-jährigen Therapie nicht unterlegen ist und mit deutlich weniger Herznebenwirkungen einher geht.
Diese und insgesamt über 2700 weitere Studien wurden auf dem diesjährigen amerikanischen Krebskongress vorgestellt und geben wieder neue Hoffnung für viele Patienten. Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie Fragen zu Neuigkeiten ihre Erkrankung betreffend haben.