Die alljährliche Tagung der Amerikanischen Gesellschaft für Klinische Onkologie fand in diesem Jahr vom 1. bis 6. Juni in Chicago statt. Hier trafen sich über 39.000 Kollegen aus vielen Ländern der Welt, um die neuesten Erkenntnisse der Forschung im Kampf gegen Krebs vorzustellen und zu diskutieren.
Wir waren, wie auch in den vorausgegangenen Jahren, wieder dabei. Unser Ziel: Neues erfahren, um dies rasch in unsere ärztliche Tätigkeit zum Wohle unserer Patienten zu integrieren.
Diese neuen Erkenntnisse stellen eine große Herausforderung an uns Ärzte dar. Es geht im zunehmenden Maße um eine personalisierte Medizin, die auf dem Boden individueller genetischer Profile beruht. Wir lernen mehr und mehr, welche unserer Patienten von welchen Therapien profitieren und welchen Patienten sie nichts nützen. Genetische Profile spielen hier eine große Rolle. Doch auch die Erkenntnisse von Tumorsignalwegen spielen in den kommenden Therapien eine entscheidende Rolle.
Onkologie im höheren Lebensalter – auch diese Fragen wurden auf dem ASCO 2018 diskutiert und entsprechende Studien vorgestellt. Hierbei zeigte sich deutlich, dass die Zuwendung zum Patienten ein entscheidender Prognosefaktor ist, der nicht nur in den Familien sondern auch in betreuenden Einrichtungen beachtet werden sollte.
Im Rahmen der Prävention stellen Alkoholkonsum, Sonnenexposition und mangelnde Bewegung entscheidende prädiktive Faktoren dar.
Hier nun einige neue Erkenntnisse bei speziellen Tumorarten:
Mammakarzinom
Frühes Mammakarzinom: Her2/neu negativ - adjuvante Therapie: PlanB/Sucess Studie
Frage: anthrazyklinfreie Chemotherape in den frühen Stadien sinnvoll - ja oder nein?
Fazit: Eine anthrazyklinfreie Chemotherapie mit Docetaxel und Cyklophosphamid ist in den meisten Fällen ausreichend. Nur bei Patientinnen mit Hochrisikoprofilen sind anthrazyklinhaltige Chemotherapien sinnvoll. Insbesondere bei Patientinnen, die nur aufgrund des positiven Endopredict-Testes sich für eine adjuvante Chemotherapie qualifizieren, kann man guten Gewissens anthrazyklinfrei behandeln.
Wer profitiert von intensivierten dosisdichten Therapien – GAIN 1 Studie?
Hier wurden die Infiltration von Lymphozyten im Tumorgewebe, PDL1 und PD untersucht. Patienten mit einer hohen Infiltrationsrate profitierten von einer intensivierten dosisdichten Chemotherapie. PDL1 u d PD spielten keine Rolle.
Neoadjuvante Therapie triple negatives Mammakarzinom – MEDI 4736 Studie
Durvalumab mit Nab-Paclitaxel und Doxyrubicin-Cyclophosphamid führen zu höheren pathologischen kompletten Remissionsraten im Vergleich zur Chemotherapie alleine. Die Immuntherapie ist womöglich gerade beim triple negativen Mammakarzinom mit entscheidend.
Hormonrezeptor positives, Her2/neu negatives, nodal negatives Mammakarzinom –TAILORx-Studie
Fragestellung: Ist in diesen frühen Erkrankungsstadien eine endokrine Therapie alleine genauso wirksam wie eine Kombination aus endokriner Therapie und Chemotherapie um mögliche Übertherapien in Zukunft zu vermeiden?
Die Prognose-Einschätzung erfolgte durch ein 21 Gen-Panel mittels Oncotype DX. Die Auswertung erfolgte an Hand von Recurrens Score (RS) Gruppen. Patientinnen mit einem RS von 0-10 hatten nur ca. 3 % Rezidive nach 9 Jahren. Bei Patientinnen mit einem RS von 11-25 war die endokrine Therapie nicht der Kombination von endokriner Therapie und Chemotherapie unterlegen. Es zeigte sich hier lediglich ein Trend für eine höhere Effektivität der Kombination aus endokriner Therapie und Chemotherapie für Patientinnen unter 50 Jahren mit einem RS zwischen 15-25. Bei Patientinnen mit einem RS von 25-100 traten signifikant mehr Rezidive trotz kombinierter Chemotherapie und Hormontherapie auf.
Fortgeschrittenes HER2/neu positives metastasiertes Mammakarzinom - PHEREXA Studie
Die PHEREXA Studie belegte die Wirksamkeit einer dualen Therapie mit Herceptin, Perjeta und Capecitabine in der Zweitliniensituation mit einer Verlängerung des Gesamtüberlebens um 9,1 Monate.
Gastrointestinale Tumore
Metastasiertes Kolonkarzinom mit RAS Wildtyp
Phase II Studie VOLFI trial der AIO: Die Wirksamkeit von FOLFOXIRI gegen mFOLFOXIRI mit Panitumumab in der Erstlinientherapie wurde bestätigt. Es profitieren durch die Hinzunahme von Panitumumab v.a. Patienten mit rechtsseitigem und BRAF mutierten metastasierten Kolonkarzinomen. Insgesamt konnte die Ansprechrate von 60% auf 87% verbessert werden. Die Nebenwirkungsraten zeigen sich bis auf vermehrte Diarrhoe in etwa gleich, welches auf die Reduktion von Irinotecan auf 150mg und v.a. durch das Weglassen des 5FU-Bolus im modifizierten FOLFOXIRI zurückzuführen sein dürfte.
Rektumkarzinom – Therapie im Stadium II und III nach neoadjuvanter Therapie und Operation
Die ADORE Studie untersuchte die Wirksamkeit einer FOLFOX (5FU und Oxaliplatin) Chemotherapie versus 5FU in Bezug auf das Langzeitüberleben. Die Ergebnisse belegen die Effektivität einer adjuvanten FOLFOX Chemotherapie sowohl im Stadium II als auch im Stadium III.
Kolonkarzinom mit Peritonealkarzinose –HIPEC (Hypertherme intraperitoneale Chemotherapie)
Die PORDIGE 7-Studie stellte die Frage, ob durch eine zusätzliche Oxaliplatin basierte HIPEC nach optimaler zytoreduktiver Operation eine Verlängerung des Langzeitüberlebens erreicht werden kann.
Es konnte kein Überlebensvorteil, weder im OS noch im PFS, durch eine zusätzliche HIPEC erzielt werden.
Nichtmetastasiertes operables Pankreaskarzinom –adjuvante Therapie
Die PORDIGE 24/CCTG PA.6 Studie ist eine multizentrische französischen Phase III Studie, die die Wirksamkeit einer modifizierten FOLFOXIRI Therapie im Vergleich zur Standardtherapie mit Gemcitabine beim operablen ductalen Adenokarzinom des Pankreas untersucht. Die Ergebnisse bestätigen die hohe Wirksamkeit der Kombinationstherapie mit einer Verdopplung des krankheitsfreien Überlebens nach 3 Jahren von 21 auf 40% und einer Verlängerung des OS von 35,0 auf 54,4 Monate. Die Kollegen schlussfolgerten daraus, dass FOLFIRINOX den neuen Standard für fitte Patienten nach RO und R1 Resektion darstellt.
Lungenkarzinom Nicht kleinzellig- metastasiert
Phase III Studie Carboplatin Paclitaxel/Nab-Paxlitaxel plus/minus Pembrolizumab, metastasiertes Plattenepithelkarzinom- Keynote 407- Studie
Die Daten zeigen eine signifikante Verbesserung des progressionsfreien- und Gesamtüberlebens unabhängig von den PDL1-Subgruppen. Die Gesamtansprechrate wird in Kombination mit Chemotherapie bei allen unvorbehandelten Patienten fast verdoppelt. Die Kombinationstherapie Chemotherapie und Pembrolizumab sollte neuer Standard für die Erstlinientherapie werden.
Pembrolizumab versus Chemothrapie als Firstline Therapie des fortgeschrittenen/ metastasierten nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms mit PDL1 - tumor proportions score (TPS) >/= 1 – KEYNOTE 42 Studie
Das Gesamtüberleben ist bei einer TPS > 50 mit 20,0 vs. 12,2 Monaten signifikant überlegen. Ebenso bei einer TPS>1. Bei einem TPS von 1-49 konnte kein signifikanter Vorteil festgestellt werden. Die Ergebnisse stimmen mit denen für Nivolumab überein (CM 26). Diese Studie erreicht zurzeit keine Praxiswirksamkeit.
Urogenitale Tumore
Metastasiertes Nierenzellkarzinom – Sunitinib plus/minus Nephrektomie - CARMENA Studie
Fragestellung: Bringt die Nephrektomie (operative Nierenentfernung) im Zusammenhang mit der Gabe von Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI) einen Vorteil?
Die Studie belegt keinen Vorteil bezüglich der Nephrektomie gegenüber einer alleinigen Gabe von Sunitinib. Das Gesamtüberleben ist nahezu gleich. Die Nephrektomie sollte nicht länger als Standard für diese Patienten gelten.